Sonntag, 15. Juli 2007

Harry Potter und der Orden des Phönix – Filmkritik

2007 ist zweifelsohne das „Harry-Potter-Jahr“. Seit dem 11. Juli läuft der fünfte Film in den Kinos und am 21. Juli erscheint der siebte und letzte Band der erfolgreichen Romanreihe (die deutsche Übersetzung folgt am 27. Oktober). Regisseur David Yates drehte mit dem fünften Teil seinen ersten Kinofilm und auch ein neuer Drehbuchautor war am Werk. Marius Joa war im Kino und schreibt, ob das umfangreichste Buch der Reihe gut umgesetzt wurde.

(Harry Potter And The Order Of The Phoenix)
Kinostart: 11. Jul
i 2007.
Fantasyfilm UK/USA 2007. Regie: David Yates. Drehbuch: Michael Goldenberg.
Nach dem Roman von J. K. Rowling. 138 Minuten. FSK ab 12.

Mit Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Helena Bonham Carter, Robbie Coltrane, Ralph Fiennes, Michael Gambon, Jason Isaacs, Evanna Lynch, Gary Oldman, Alan Rickman, Maggie Smith, Imelda Staunton, David Thewlis u.v.a.


Kurz vor Ende der Sommerferien werden Harry Potter (Daniel Radcliffe) und sein ihm verhasster nichtmagischer Cousin Dudley (Harry Melling) von zwei Dementoren, die eigentlich das Zauberergefängnis bewachen sollen, angegriffen. Dank eines Schutzzaubers kann Harry sich und Dudley gerade noch retten. Doch weil er damit gegen magische Gesetze verstoßen hat, droht ihm per Ministeriumsbeschluss der Ausschluss aus der Zauberschule Hogwarts. Dank der rechtzeitigen Ankunft von Schuldirektor Dumbledore (Michael Gambon) bei der Anhörung darf Harry aber schließlich doch wieder den Unterricht besuchen. Um der Bedrohung durch die Rückkehr des dunklen Lord Voldemorts (Ralph Fiennes) entgegen zu wirken, tritt der „Orden des Phönix“, ein Geheimbund, der schon früher den Kampf gegen den dunklen Lord aufnahm, wieder zusammen. Mitglieder sind neben Dumbledore und den Weasley-Eltern auch u.a. Harrys unschuldig verfolgter Patenonkel Sirius Black (Gary Oldman) sowie der undurchsichtige Lehrer Snape (Alan Rickman).

In Hogwarts spitzt sich die Lage für Harry, Ron (Rupert Grint), Hermine (Emma Watson) und die anderen Schüler zu, denn langsam aber sicher übernimmt die vom Ministerium installierte Großinquisitorin Dolores Umbridge (Imelda Staunton) das Kommando und errichtet ein totalitäres System, das jegliches Freiheit unterdrückt, wobei die Rückkehr von Voldemort vom Zaubereiministerium und der magischen Öffentlichkeit als Lüge diffamiert wird. Harry und seine Freunde entschließen sich, den Unterricht im Fach „Verteidigung gegen die dunklen Künste“ selbst in die Hand zu nehmen und gründen „Dumbledores Armee“, die sich heimlich zum Üben von Zaubern gegen Angriffe trifft. Als ob Harry nicht schon genug Stress hätte, so plagen ihn auch Visionen und Träume, die eine Verbindung zwischen ihm und Voldemort zu bedeuten scheinen. Unter all dem Druck von Isolation, weiter bestehenden Gefühlen zu Cho Chang (Katie Leung), der Unterdrückung und den schrecklichen Visionen droht Harry zu zerbrechen.

Harry unter großem Druck

Nach Chris Columbus (Harry Potter und der Stein der Weisen / die Kammer des Schreckens), Alfonso Cuáron (Harry Potter und der Gefangene von Askaban) und Mike Newell (Harry Potter und der Feuerkelch) übernahm mit dem 43jährigen David Yates, der bisher nur Fernsehproduktionen gedreht hatte, ein Kinoneuling auf dem Regiestuhl Platz. Mit Michael Goldenberg (Contact, Peter Pan) gab es auch einen neuen Drehbuchautor. Die beiden sahen sich nun dazu ausersehen, das längste Buch der Bestseller-Serie (ca. 1000 Seiten in der deutschen Übersetzung) in einen dramaturgisch schlüssigen Film umzusetzen. Ist dieses extrem schwierige Unterfangen gelungen? Im Großen und Ganzen: Ja!

Der fünfte Film ist mit 138 Minuten knapp 20 Minuten kürzer als der Vorgänger und schafft es trotzdem, die zentrale und für den weiteren Verlauf wichtige Story herauszuarbeiten, allerdings mit Abstrichen. Natürlich mussten viele nette Elemente aus dem Buch, die die von J. K. Rowling erschaffene Zauberwelt so besonders machen (u.a. die beliebte Sportart Qudditch) gestrichen werden. Nichtbuchkenner werden sich mit diesem Fall sehr schwer tun. Weil zwar viel weggelassen wurde, aber dennoch einige Elemente kurz behandelt werden, wirkt der Film an einigen Stellen sehr sprunghaft und bisweilen ein wenig überhastet. Dies hat auch zur Folge, dass viele neue Charaktere (wie Natalia Tena als Zauberin Tonks oder Helena Bonham Carter als geistesgestörte Bellatrix Lestrange) bzw. bereits bekannte Gesichter (z.B. Emma Thompson als Professor Trelawney oder Maggie Smith als Professor McGonagall) nur eine oder wenige kurze Szenen haben. Wenn man sich die Besetzung, die sich mit jedem Film um weitere britische Starschauspieler erweitert, ansieht, so ist es wirklich jammerschade, dass einige nur Kurz-Auftritte haben.

Beim Thema Schauspieler kommt man natürlich auf die Leistung des Hauptdarstellers Daniel Radcliffe, der bald volljährig wird, zu sprechen. Denn dieser hat sich wieder ein wenig gesteigert und zeigt vor allem die Isolation Harrys in angemessener Weise, so gut es die sprunghafte Story erlaubt. Absolut herausragend präsentiert sich Imelda Staunton als „Teufel in Pink“ Dolores Umbridge, die auf den Zuschauer sofort extrem unsympathisch wirkt. Diese Abneigung wird ihm Laufe der Zeit erhöht, wenn die Ministeriumsagentin Schüler und Lehrer von Hogwarts immer mehr an die Kette legt. Fast bis zum Schluss ist Umbridge der Hauptantagonist. Überzeugend ist auch Evanna Lynch als skurrile Luna Lovegood, die mit Harry gewisse Gemeinsamkeiten hat.

Alptraum in Pink: Dolores Umbridge

Im Vergleich zu den Vorgängern ist der „Orden des Phönix“ noch düsterer und für Kinder unter 12 Jahren nicht geeignet. Es bleibt zwar auch ein bisschen Raum für Humor, aber viel weniger als z.B. in Harry Potter und der Feuerkelch. Film fünf folgt generell der Machart von Teil drei und vier, also weg vom knallbunten und hemmungslosen Nacherzählen des Buches, sondern hin zur effektiveren Umsetzung der Vorlage mit düsterer Grundstimmung. Die Zustände in der Zaubererwelt im Allgemeinen und Hogwarts im Speziellen sind natürlich deutliche Anspielungen auf totalitäre Diktaturen. Nicht jetzt erst fühlt man sich beim Rassenhass der Anhänger Voldemorts an die Nazi-Ideologie erinnert.

Technisch gesehen kann Harry Potter und der Orden des Phönix wirklich beeindrucken. Sets, Kostüme und die Effekte sind auf dem Niveau von allen bisherigen Filmen. Besonders düster und unheimlich wirkt die Mysteriumsabteilung im Zaubereiministerium, wo der Showdown stattfindet. Mit Nicholas Hooper gibt es auch einen neuen Filmkomponisten, der bis auf das klassische Thema von John Williams einen komplett neuen und stimmungsvollen Score schuf. In manchen IMAX-Kinos sind die letzten 20 Minuten des Films übrigens in 3D zu sehen.

Insgesamt ist der fünfte Film als etwas schwächer als Teil drei und vier anzusehen, aber dennoch schafft er es, die wichtigsten Punkte auf die Leinwand zu bringen. Bereits einige Zeit vor dem Kinostart wurde bekannt, dass David Yates auch beim sechsten Film Harry Potter und der Halbblutprinz (voraussichtlicher Start: 20. November 2008) Regie führen wird. Das Drehbuch schreibt wie schon bei den Filmen eins bis vier Steven Kloves. Die Umsetzung dürfte ebenfalls nicht leicht werden, denn der sechste Band ist von vielen Rückblenden durchzogen. Die Wartezeit kann man ja mit dem Lesen von Band sieben überbrücken.

Fazit: Düstere Verfilmung des fünften Harry-Potter-Buches, die etwas zu sprunghaft ist. Insgesamt aber eine gute Umsetzung der Vorlage. Für Kinder unter 12 Jahren nicht geeignet! 7 von 10 Punkten.

Marius Joa, 15. Juli 2007.

Bilder: © Warner Bros.